Sonntag, 25. November 2012

Mädchen für alle.

Sie sitzt im Bus einem alten Mann gegenüber. Er hat eine Thoben-Tüte auf dem Schoß.
Sie fragt, was es denn heute für Kuchen gibt. Sie hat einen französischen Akzent, denn sie kommt aus Belgien, erzählt sie. Momentan studiert sie hier. Sie spricht gutes Deutsch. Der alte Mann mit seinem Kuchen ist begeistert.
Hübsch ist sie, das blonde Haar lukt aus der Mütze heraus. Es ist kalt an diesem Sonntag Morgen. Draußen schneit und regnet es kleine Flocken.
"Donauwelle. Und Apfel." Sagt er. "Beim Thoben für nur achtzig Cents, is' nämlich von gestern, aber schmeckt ja heute ooch noch, wa?"
Eine dritte mischt sich ins Gespräch.
"Das nächste Mal geb ich dir einen aus. Ich mach die weltbesten Muffins."
Er hört sie nicht. Sie wiederholt sich.
Er spricht mit dem belgischen Mädchen. "Woher biste denn? Brüssel?", fragt er. "Nein, aus Antwerpen", sagt sie.
Nach zwei Stationen steigt er aus.

Die Muffinbäckerin setzt sich auf seinen Platz. Jetzt ist sie dran, mit dem belgischen Mädchen zu reden. Für eine Station wenigstens.
"Hi, je m'appelle Andrea, but I can also talk English to you.", sagt sie als habe sie vergessen, dass das belgische Mädchen die ganze Zeit Deutsch mit ihr gesprochen hatte.
Eine Station fährt Andrea, dann muss auch sie aussteigen, sie nimmt die Hand des belgischen Mädchens und verabschiedet sich herzlich mit einem irgendwie nicht so recht passenden "Nice to meet you!" mit deutschestem Akzent und eilt aus dem Bus.

Es steigen neue Gäste ein. Eine Mutter mit ihren zwei Söhnen sitzt dem belgischen Mädchen gegenüber. Das belgische Mädchen spricht mit den Kindern, fragt sie etwas.
Bis ein älterer Herr sich neben das belgische Mädchen auf den Sitz quetscht. Der Platz ist eigentlich gar nicht gemacht für Zwei. Sie lässt sich nichts anmerken. Ihm wird es wohl doch zu eng, bald steht er auf. Und dann kommt er wie viele andere mit dem blonden belgischen Mädchen ins Gespräch. "Ja, und was machst du dann hier?" "Ich studiere hier Deutsch" "Ach so, das ist ja schön."
Zusammen steigen sie in den U-Bahn-Waggon und fahren mit der U7 davon.

Was ist es wohl, was sie an sich hat? So viele verschiedene Menschen kreuzten in nur 15 Minuten ihren Weg und schenkten ihr einen Teil ihrer Geschichten.
Sie ist das Mädchen für alle.

Samstag, 10. November 2012

Bilder von Bergseen

im Valentin Stüberl Neukölln.
Sie schmücken die Wand diese Bilder, immer mit dem selben Motiv. An einer anderen hängt die Quelle-Tüte aus den 90ern.
Stimmt, da war mal was. Quelle.
Wir sitzen auf Bierbänken und essen Kartoffelsalat mit Würstchen zum gezapften Bier. Stulle hätte es sicher auch gegeben.
Die Leute brabbeln hier und brabbeln dort. Unser Gebrabbel mischt sich darunter.
Am Nachbartisch knutscht ein Pärchen, das offenbar noch nicht so lange Pärchen ist. Der Kerl, der ihnen am Tisch gegenüber sitzt und irgendwie französisch aussieht, schaut erst verstört ob der sich darbietenden Intimitäten und kann sich dann ein Grinsen in unsere Richtung nicht verkneifen. Er denkt, was wir denken, als das frisch gebackene Paar es auf einmal eilig hat, zu gehen.
Wir ja nicht. Wir bleiben noch. Kurz.
Ein Bier noch, ein kleines.


Dienstag, 6. November 2012